Claus M. Kobold, Präsident des Deutschen Golf Verbandes (DGV), geht im Exklusivinterview mit baymego.de erstmals dezidiert auf eine wichtige Zukunftsaufgabe ein: Golfsport für Menschen mit Behinderung und Inklusion.
– Von Friedrich Bräuninger-
Das Thema ´Golf und Gesundheit` soll im Deutschen Golf Verband (DGV) offenbar neu gewichtet werden. Welche Strategie verbindet der Verband damit?
Kobold: `Golf und Gesundheit` soll zeigen, dass wir diesen Sport, sofern er als Breitensport betrieben wird, als hochgradig gesundheitsfördernd ansehen. Diesen Aspekt wollen wir in Zukunft stärker hervorheben. Im Vergleich zu vielen anderen Sportarten kommt eine Besonderheit hinzu: die Handicap-Regelung im Golf ist ein Art Filter, der gleichberechtigte Spielweise auf Augenhöhe und unter Berücksichtigung des individuellen Leistungsstandards ermöglicht. Das ist ziemlich einmalig und gewährleistet, dass auch Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen oder Behinderungen ohne weiteres am Spielbetrieb aktiv teilhaben können.
„Inklusion“ haben Sie in Ihrem neuen Imagefilm ja einige Sekunden kurz gestreift. Sind Menschen mit Behinderungen eine Gruppe, die Sie im Kontext mit `Golf und Gesundheit` gezielt und verstärkt ansprechen wollen?
Diese Frage kann ich mit einem ganz eindeutigen „Ja“ beantworten – wobei wir allerdings immer wieder beobachten, dass gerade im Golf viele Betroffene sich selbst gar nicht als „behindert“ ansehen wollen. Insofern ist ´Golf und Gesundheit´nicht in allerster Linie ein Inklusionsthema, aber es spielt in diesen Bereich eine ganz wichtige Rolle.
Gehen wir ins Detail, was wollen Sie konkret machen?
Wir befinden uns bei diesen Überlegungen zweifellos noch einer Anfangsphase. Historisch betrachtet standen im Golfsport andere Faktoren im Vordergrund, die unser Image – Stichworte: „elitär“, „nur etwas für die Schönen und Reichen“– nicht immer positiv geprägt haben. Erfreulicherweise ändern sich solche Sichtweisen zunehmend. Die interessierte Öffentlichkeit beginnt zu entdecken, dass dies ein Sport mit verschiedenen Ausprägungen und einem inklusiven Ansatz ist. Wir haben seit Anfang 2017 auch personelle und finanzielle Ressourcen frei gemacht sowie die Weichen neu gestellt. Wir werden uns mit Unterstützung eines Praktiker- und Expertenteams dieses Zukunftsthemas annehmen. Dabei reden wir natürlich auch intensiv mit den „Behindertengolfern“, um von ihnen zu lernen. Große Dinge aber entwickeln sich nicht von heute auf morgen.
Dabei hat sich in der deutschen Golflandschaft gerade in den vergangen zwei Jahren ja einiges getan. Immer mehr Golfanlagen mandatieren eigene ehrenamtliche Behinderten- und Inklusionsbeauftragte, um dieses Feld zu entwickeln. Inwieweit befeuert der DGV diesen Trend?
Wir können niemanden dazu verpflichten, sich dieses Themas anzunehmen. Es ist aber wünschenswert, dass sich noch mehr Clubs mit Inklusion befassen. Soweit möglich unterstützen wir die Clubs.
… das klingt zurückhaltend und ein wenig defensiv.
Bei Licht betrachtet haben wir Inklusion schon immer gelebt, aber die gesundheitlich Gehandicapten nicht so dezidiert angesprochen, wie das vielleicht wünschenswert gewesen wäre. Hierzu bedarf es eines fundierten Konzepts und eines Grundsatzpapieres, die für einen längeren Zeitraum Substanz haben und Orientierung geben sollen. Wir registrieren im Moment viele Aktionen und Initiativen, bei denen wir teilweise auch schon am Tisch gesessen haben. Apropos: Demnächst wird es beim DGV auch einen Runden Tisch mit unserer Steuerungsgruppe geben, wobei die Dinge gesichtet und anschließend in ein Konzeptpapier mit einer klaren Zielsetzung fließen werden. Stückwerk bringt uns nicht weiter. Natürlich unterstützen wir die Entwicklung mit den Behinderten- und Inklusionsbeauftragten als einen Schritt in die richtige Richtung. Und wir freuen uns über die wachsende Zahl von Inklusionsturnieren in den deutschen Golfclubs. Unter Regie von Herrn Krebs hat der DGV bereits sechs schulische Inklusionsprojekte begleitet. Daraus können wir noch viel mehr Kraft holen.
Die Österreicher haben in ihren Bewerbungsunterlagen für den Ryder Cup dem Thema Inklusion ein eigenes Kapitel gewidmet. Müssen die Veranstalter großer Golfturniere nicht darauf reagieren und künftig bei den Pro/Ams inklusive Flights abspielen lassen?
Ja, eine durchaus interessante Möglichkeit. Ich könnte mir vorstellen, dass solche Gedanken auch ein Ergebnis unserer Arbeitsgruppe sein werden.
Wird es auch Aufgabe dieses Runden Tisches sein, die zentrifugalen Kräfte, die sich in Sachen Golfsport für Menschen mit Behinderungen entwickelt haben, einzufangen und unter Regie des Deutschen Golfverbandes zu bündeln?
An einem Runden Tisch nimmt man zunächst einmal frei und ergebnisoffen seinen Platz ein. Und es ist auch gar nicht so schlimm, wenn sich die Dinge auch in solitären Aktionen manchmal unterschiedlich ausprägen. Fest steht, dass wir eine Konzeption haben wollen, die wir vertreten können und dass möglichst viele in einer konzertierten Aktion hier in dieselbe Richtung gehen sollen. Das muss unser Ziel sein und wir möchten dieses Ziel gerne gemeinsam mit den Landesgolfverbänden erreichen.
Immer öfter beschäftigen sich Golfclubs mit Barrierefreiheit – einer ganz wesentlichen Voraussetzung für Inklusion. Welche Position haben Sie hierzu?
Grundsätzlich unterstützen wir ideell auch diesen Prozess, wobei nicht vergessen werden darf, dass hier im Kontext mit Baumaßnahmen und Zertifizierungen wesentliche Kosten entstehen können. Damit müssen wir sorgsam umgehen. Keinesfalls dürfen hier Anlagen gegeneinander ausgespielt werden und es ist die Entscheidung des jeweiligen Clubs, wie und in welchem Zeitraster er seine Infrastrukturen barrierefrei gestalten will.
Inklusion im Golfsport : Wo sehen Sie Deutschland im internationalen Vergleich, was können wir von anderen lernen?
Es kommt natürlich darauf an, wie Inklusion auch im Sport in den jeweiligen Ländern und Gesellschaften gelebt wird. Da gibt es oft andere Voraussetzungen. Frankreich ist zweifellos etwas vorn und in Skandinavien ist die gesamte Sportszene nicht mit der unsrigen vergleichbar, weil dort fast jeder Golf spielt. Vielleicht gelingt es im Rahmen der Paralympics, wo hoffentlich auch bald einmal Golf eine Disziplin sein wird, international zu einer Harmonisierung der zerfledderten Golflandschaften zu kommen.